An der Jahresmedienkonferenz der Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion (GSI) betrachteten die Verantwortlichen die abgeschlossenen und geplanten Arbeiten und Aufgaben der Direktion mit Blick auf die kommenden Jahre. Für Regierungsrat Pierre Alain Schnegg, Direktor der GSI, ist es wichtig, das Tempo hoch zu halten, denn in zehn Jahren soll die jetzt laufende Umsetzung der Gesundheitsstrategie sichtbar sein und greifen. «Die integrierte Versorgung wird gelebt werden, wir werden mehr Fachkräfte ausbilden, wir werden neue Modelle in der Pflege und Gesundheitsversorgung erprobt haben und wir werden die Spitäler in die neuen Versorgungsregionen eingebettet haben. Die Ambulantisierung wird laufend ausgebaut, denn die technischen und digitalen Entwicklungen stehen erst am Anfang und werden weitere Schritte möglich machen», unterstrich der Gesundheitsdirektor.
Pflegeinitiative: Kanton Bern ist Vorreiter bei der Umsetzung
Der Kanton Bern verfügt seit 2012 über eine Ausbildungsverpflichtung für 14 nichtuniversitäre Gesundheitsberufe. Für die Phase 1 der Pflegeinitiative ist er bereit. Er erfüllt bereits heute alle Bedingungen, um Bundesbeiträge zu erhalten. Das Bundesgesetz wird im Juli 2024 in Kraft gesetzt. Die GSI sieht vor, nun noch weiter zu gehen und hat zusammen mit der Bildungs- und Kulturdirektion (BKD) ein Grobkonzept erarbeitet, das im Januar 2024 dem Regierungsrat vorgestellt werden soll. Es fokussiert auf die weiterführende Umsetzung (Beiträge an Höhere Fachschulen, Ausbildungsbeiträge an Pflegestudierende Stufe Höhere Fachschule und Fachhochschule), sowie auf zusätzliche Massnahmen, die der Zielsetzung der Pflegeinitiative dienen. Der Kanton wird die Akteure nach der Freigabe des Grobkonzepts aktiv miteinbeziehen und partizipieren lassen.
Migration, Schutzstatus S, Asylwesen
Der Zustrom von geflüchteten Menschen aus der Ukraine und von Menschen aus dem regulären Asylwesen hat die GSI in den vergangenen zwei Jahren sehr stark gefordert. Dank den Anstrengungen aller Beteiligten (Bund, Kanton, Gemeinden, Bevölkerung) ist es gelungen, sämtliche Menschen unterzubringen und mit dem Nötigsten zu versorgen. Inzwischen betreibt die GSI im Kanton Bern insgesamt 53 Kollektivunterkünfte. Das sind 38 mehr als noch vor zwei Jahren. Zurzeit befinden sich rund 8’700 Personen aus der Ukraine mit Schutzstatus S und 7’100 Personen aus dem regulären Asylwesen (davon rund 500 unbegleitete Minderjährige) in der Verantwortung des Kantons.
Der Migrationsdruck wird auch im laufenden Jahr 2024 hoch sein. Den Prognosen des Staatssekretariats für Migration (SEM) folgend müssen im Kanton Bern weitere 3'000 Personen aufgenommen werden. Dies stellt eine grosse Herausforderung dar, denn der Markt für geeignete Objekte zur Unterbringung bleibt nahezu ausgetrocknet. Wie viele Menschen aus den aktuellen Kriegs- und Krisengebieten in die Schweiz kommen werden, ist nicht vorhersehbar. Dadurch wird die Situation weiter verschärft.
Behindertenleistungsgesetz ist in Kraft
Integriert zu sein bedeutet vor allem die chancengleiche Teilnahme am sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben. Das ist oftmals für Menschen, die sich in einer herausfordernden Lebenssituation befinden, nicht möglich. Sei dies aufgrund einer Behinderung, einer materiellen Notlage oder weil eine geflüchtete Person neu in die Schweiz einreist. Für diese Menschen sind zusätzliche unterstützende staatliche Angebote nötig. Einen Schwerpunkt der Tätigkeiten im vergangenen Jahr stellten die Vorbereitungsarbeiten im Zusammenhang mit dem neuen Gesetz über die Leistungen für Menschen mit Behinderungen dar (Behindertenleistungsgesetz, BLG). Dieses ist per Anfang 2024 in Kraft getreten. Mit der Einführung des BLG erfolgt im Kanton Bern ein Paradigmenwechsel im Versorgungssystem für Menschen mit einer Behinderung. Im Kern ist es eine Umstellung von der objekt- zur subjektorientierten Finanzierung.
Fortschreitende Digitalisierung im Gesundheits- und Sozialwesen
Eines der wichtigsten Digitalisierungsprojekte der GSI ist die Entwicklung und Einführung eines neuen Fallführungssystems (NFFS) für die Sozialdienste, die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) und die Fachstellen für Arbeitsintegration im Kanton Bern. Damit sollen primär die Mitarbeitenden der Sozialdienste in der Dossierführung unterstützt und von administrativen Arbeiten entlastet werden. Das System wird von rund 85 Nutzerorganisation mit zirka 2’500 Anwenderinnen und Anwendern eingesetzt werden.
Weiter hat die GSI den Ausbau der VacMe-Software vorangetrieben. VacMe soll als Plattform genutzt werden, um so viele Impfungen wie möglich darüber abzuwickeln. In einem Public-Private-Ansatz kann das System schon heute von Apotheken oder Ärztinnen und Ärzten verwendet werden. Aktuelles Beispiel ist die Zeckenimpfung. Seit Ende 2023 werden von der Ärzteschaft des Kantons auch die meldepflichtigen, übertragbaren Krankheiten über VacMe an den Kantonsärztlichen Dienst gemeldet.
Ein weiteres Projekt kann Mitte 2024 abgeschlossen werden: die elektronische Protokollierung und automatische Übermittlung von Patienten- und Analysedaten zwischen der Ambulanz und dem anzufahrenden Spital bei allen Rettungseinsätzen im Kanton.
Im Bereich der Berufsausübungs- und Betriebsbewilligungen wurde die GSI-Applikation «Sirona» um 19 Medizinal-, Psychologie- und Gesundheitsberufe erweitert und umfasst nun alle bewilligungspflichtigen Berufsgruppen. Damit sind diese Bewilligungsprozesse vollständig digitalisiert, was die Gesucheingabe und die Kontrolle wesentlich erleichtert.