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23. September 2013
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Regionale psychiatrische Vernetzung im Kanton Bern
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Betroffene, Angehörige und Fachleute im intensiven Trialog

Über 160 Interessierte haben sich am Montag, 23. September in Bern getroffen, um über die Förderung einer stärker vernetzten Psychiatrieversorgung im Kanton zu diskutieren. Neben Fachleuten aus der Psychiatrie waren auch Betroffene, Angehörige und weitere an der regionalen Vernetzung interessierte Personen eingeladen. Die intensiven Diskussionen ergaben, dass den individuellen Bedürfnissen der Betroffenen nur durch ein koordiniertes Zusammenwirken aller beteiligten Akteure entsprochen werden kann.

Die Tagung diente vor allem der Auseinandersetzung mit Ideen und innovativen Beispielen für personenzentrierte Hilfen. Dabei wollte die Gesundheits- und Fürsorgedirektion (GEF) als Organisatorin des Treffens ein breites Publikum ansprechen und dazu beitragen, dass vermehrt Brücken über die unterschiedlichen Versorgungssysteme gebaut werden können. Personenzentrierte Leistungen könnten nur durch die Vernetzung der institutionellen und informellen Hilfsangebote erreicht werden, so die Erkenntnis. Dabei spielt der Einbezug von Betroffenen und Angehörigen eine wichtige Rolle. Gut erreichbare, gemeindenahe und flexible Angebote erleichtern die Rehabilitation.

Die Tagungsteilnehmenden diskutierten gemeinsam mit Fachleuten aus der Schweiz und Deutschland folgende Fragen: Wie erreicht man eine integrierte und personenzentrierte Psychiatrieversorgung? Welche Erfahrungen haben andere Regionen bereits gemacht in der Umsetzung von solchen Modellen? Welche Chancen und Probleme ergeben sich daraus?

Lösungssuche im Trialog zwischen Betroffenen, Angehörigen und Fachleuten

An der Versorgung von psychisch beeinträchtigten oder erkrankten Menschen sind nicht nur psychiatrische Fachleute, spezialisierte Kliniken und Ambulatorien beteiligt, sondern auch Spitex-Organisationen, Sozialdienste, Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden sowie  ̶  als informelle Angebote  ̶  zum Beispiel auch Selbsthilfegruppen. Ein erster Einblick in die Vernetzungs-Problematik entstand in der Form eines Trialogs zu Beginn der Tagung. Betroffene, Angehörige und Fachleute erörterten dabei gemeinsam die gesundheitlichen Probleme und suchten nach möglichen Lösungen. Die Podiumsteilenehmenden waren sich einig, dass bezüglich der Integration und Vernetzung der vielfältigen Angebote noch Potential besteht, insbesondere auch bei der Information der Bevölkerung über diese Angebote.

In den darauffolgenden Fachvorträgen wurden Prinzipien und Wege zur Personenzentrierung in der Psychiatrieversorgung vorgestellt, konkret am Beispiel des Berliner «Weddinger Modells». Der Aufbau von «gemeindepsychiatrischen Verbünden» als Voraussetzung für eine gut funktionierende regionale Vernetzung stand im Zentrum eines weiteren Vortrags. So entstand in dem Baden-Württembergischen Bodenseekreis, der 200‘000 Einwohner umfasst, bereits vor neun Jahren ein solcher Verbund zur personenzentrierten psychiatrischen Versorgung.

Kooperation setzt das Erfassen des individuellen Bedarfs voraus

Der Nachmittag war den Erfahrungen aus der Praxis sowie der Steuerung und Entwicklung gewidmet. In drei parallelen Werkstätten wurde intensiv über Fragen im Zusammenhang mit regionaler Vernetzung und personenzentrierter Versorgung diskutiert. Im Zentrum stand die Übertragung dieser Konzepte auf die Situation im Kanton Bern.

Wie entstehen personenzentrierte integrierte Versorgungsangebote in den Regionen? Dieser Frage ging die erste Werkstatt nach. Erste Erfahrungen in der Zusammenarbeit zwischen den psychiatrischen Diensten, der Psychiatrie-Spitex sowie der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden wurden vorgestellt. Die Diskussion machte deutlich, dass die Erfassung des individuellen Bedarfs eine wichtige Voraussetzung einer gelingenden Kooperation ist.

Welche Rollen spielen Angehörige und Betroffene in der vernetzten Versorgung? Die zweite Werkstatt erörterte Möglichkeiten der Einbindung und Beratung von Angehörigen, wie zum Beispiel deren Partizipation am Beispiel von Fallkonferenzen.

Mit Gestaltungswillen, finanziellen Anreizen, Qualität und Leistungsaufträgen zum Erfolg

Wie erstellt man eine wirksame und auf die Bedürfnisse abgestimmte Hilfeplanung? Die dritte Werkstatt widmete sich der konkreten Umsetzung der Personenzentrierung in Behandlungs- und Hilfeplänen. Verschiedene Methoden der interdisziplinären Behandlungsplanung wurden erklärt und die Teilnehmenden liessen sich über ein erfolgreiches Projekt der Stadt Zürich zur Beratung und Betreuung von hoch komplexen Fällen informieren.

Zum Schluss diskutierten Vertreter und Vertreterinnen von Auftraggebern, Kostenträgern und Gesundheitsbehörden die Frage, wohin wir in der Psychiatrie steuern. Das angeregte und engagierte Podium machte es klar: Die Psychiatrieversorgung im Kanton kann sich nur durch ein optimales Zusammenspiel von politischem Gestaltungswillen, geeigneten finanziellen Anreizen, wirkungsvoller Qualitätssicherung und bedarfsorientierten Leistungsaufträgen hin zu mehr Personenzentrierung und besser vernetzten Angeboten entwickeln.

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